Kassel, 22. Juli 2020. Der Windpark Stiftswald ist einer der ertragreichsten Standorte in Nordhessen. In den vergangenen Jahren haben die neun Anlagen des Windparks im Schnitt rund 20 Prozent mehr grünen Strom produziert als ursprünglich geplant. Da die im aktuellen Regionalplan ausgewiesenen Windvorrangflächen eine Erweiterung um vier Anlagen zulässt und eine weitere derzeit nicht ausgewiesene Fläche um drei weitere Anlagen, prüft die Betriebsgesellschaft des Windpark Stiftswald eine Ausweitung. Standorte wären im Bereich des Ritterschaftlichen Stifts am Michelskopfsee und von Hessenforst am Belgerkopf.
Im ersten Schritt werden bis Oktober die notwendigen naturschutzfachlichen Untersuchungen beispielsweise zu Fledermäusen, Greif- und Zugvögeln erstellt. Sollten keine Konfliktpotenziale zu einer Erweiterung dokumentierbar sein, würden im zweiten Schritt die möglichen Windkraftanlagen im Rahmen eines vorgezogenen Vergabeverfahrens ausgewählt. Nach der Detailplanung könnten ab Juli 2021 die Genehmigungsanträge beim Regierungspräsidium Kassel eingereicht werden. Sollten die Planungen bis dahin erfolgreich verlaufen, wäre mit einer Genehmigung frühestens im Juni 2022, mit einer Inbetriebnahme frühestens im Juli 2023 zu rechnen.
An der Windparkgesellschaft sind neben den Städtischen Werken aus Kassel auch die Stadtwerke Eschwege und Bad-Sooden-Allendorf, die Gemeinden Kaufungen und Lohfelden, die Regionalwerke Region Kassel sowie die sechs Bürgerenergiegenossenschaften Energiegenossenschaft Kaufunger Wald eG, BürgerEnergiegenossenschaft Wolfhagen eG, DEiN eG aus Niestetal, Bürger Energie Kassel & Söhre eG, Waldhessische Energiegenossenschaft eG und die Bürgerenergie Werra-Meißner eG beteiligt – die eine Prüfung einer möglichen Erweiterung des Windparks begrüßt haben. „Die Windparks, die wir planen, sind nicht nur für das Klima gut, sondern für die gesamte Region. Denn die Gewinne werden in Nordhessen an kommunale Akteure ausgeschüttet und damit an alle Bürger. Und durch die Beteiligung der Bürgerenergiegenossenschaften können die Menschen sogar direkt profitieren. Wir schaffen so qualifizierte Arbeitsplätze, erzeugen selbst vor Ort den Strom, den wir hier verbrauchen und stärken die Wertschöpfung. Eine Win-Win-Situation für Nordhessen“, so Dr. Michael Maxelon, Vorstandsvorsitzender des größten Gesellschafters, den Städtischen Werken aus Kassel.
Kaufungens Bürgermeister Arnim Roß begrüßt die Prüfung, ob weitere Windräder im Stiftswald entstehen können: „Die Gemeinde Kaufungen ist mit drei Prozent an der Windgesellschaft beteiligt, das sichert uns neben den Gewerbesteuern wichtige Einnahmen aus dem Betrieb, um unsere kommunalen Aufgaben zu finanzieren. Wie schwierig das sein kann, sehen wir jetzt zu Coronazeiten überdeutlich. Darüber hinaus ist es unser Ziel, als Gemeinde bis 2030 CO2-neutral zu werden. Die Erzeugung von Strom aus Wind als regenerativer Energie ist dazu ein wesentlicher Beitrag. Eine Erweiterung des Windparks wäre daher für alle Kaufunger Bürgerinnen und Bürger sowie für den Klimaschutz ein Gewinn!“
Das sieht auch sein Helsaer Amtskollege Tilo Küthe so: „Ich muss kein Fan der Anlagen sein, aber der Windpark sichert schon jetzt unsere kommunale Handlungsfähigkeit. Außerdem, und das dürfen wir nicht vergessen: Ohne die Energiewende, ohne aktiven Klimaschutz, wird uns der Klimawandel noch viel heftiger treffen. Mit unabsehbaren Folgen.“
Dr. Olaf Hornfeck, Vorstandsmitglied der Städtischen Werke aus Kassel, ergänzt: „Klimaschutz muss regional vor Ort umgesetzt werden. Und das Besondere am Windpark Stiftswald ist, dass sich die Bürger nicht nur über Bürgerenergiegenossenschaften beteiligen können, sondern, dass sie von den Städtischen Werken den im Windpark erzeugten Strom auch als Windstromprodukt kaufen können. Und das für gerade einmal drei Euro im Monat. Möglich machen das die Regionalstromnachweise des Umweltbundesamtes.“
Die Erweiterung liegt auch im Interesse des Ritterschaftlichen Stifts Kaufungen. Obervorsteher Thilo von und zu Gilsa erklärte: „Die vergangenen drei Jahre haben die wirtschaftliche Situation unseres auf die Baumart Fichte setzenden Stiftsforst vollkommen verändert. Aus einem vorratsreichen, Nachhaltigkeit anstrebenden Forstbetrieb wurde in einer nie dagewesenen Dynamik ein sogenannter Aufbaubetrieb. Nahezu der gesamte Fichtenvorrat musste aufgearbeitet und geräumt werden. Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt, nicht zuletzt, um die wertvolle Ressource Holz zu retten und sie nicht der Freisetzung des gebundenen CO2 auszusetzen. In einem jahrelangen finanziellen und organisatorischen Kraftakt werden wir nun Hunderte von Hektar neu aufforsten und pflegen müssen, bevor die nachfolgenden Generationen wieder Erträge erzielen können. Die Auswahl der Baumarten bleibt angesichts des spürbaren Klimawandels ein Risiko. Es können sich neue Kalamitäten entwickeln, von denen auch andere, sogenannte klimastabile Baumarten betroffen sein können. Die zusätzlichen Pachteinnahmen aus den derzeit geplanten Windkraftstandorten werden unsere Handlungsfähigkeit sichern und zur Erzielung unserer Stiftszwecke in einem für uns sehr wichtigen Maße beitragen.“
Welche Windkraftanlagen konkret bei einer möglichen Erweiterung zum Einsatz kommen könnten, stehe noch nicht fest. Lars Rotzsche, einer der beiden Geschäftsführer der Windgesellschaft: „Klar ist, dass es sich um Anlagen der 5-Megawattklasse handeln würde. Falls wir tatsächlich im ersten Schritt vier weitere Anlagen bauen würden, könnten wir damit im Jahr etwa 50.000 Megawattstunden Strom produzieren und damit rund 20.000 Haushalte versorgen. Und dem Klima im Jahr rund 33.000 Tonnen CO2 ersparen.“
Die Bauarbeiten für die neuen Anlagen der drei-Megawattklasse des Windparks Stiftswald fingen 2015 an. Die ersten Strommengen speiste er im ersten Halbjahr 2016 ins nordhessische Stromnetz ein. Offiziell ging er vollständig im September 2016 in Betrieb und erzeugt heute jährlich rund 73.000 Megawattstunden Strom. Genug für gut 29.000 Haushalte. Schon heute spart er jährlich rund 50.000 Tonnen klimaschädliches CO2 ein. Im ersten Quartal 2020 produzierten die Anlagen mit 34.000 Megawattstunden 36 Prozent mehr als in den aktuellen Planungen vorgesehen. In nur drei Monaten hat der Windpark so Strom für den Jahresbedarf von knapp 14.000 Haushalten produziert.